Liebe Kolleginnen und Kollegen und ehemalige Studenten!

Ihr sollt wissen, wie sehr ich in diesen Tagen der kriegerischen Auseinandersetzung mit der Ukraine und deren Folgen für unsere europäische Sicherheitsstruktur an jede und jeden von Euch denke! Mitsamt der Vergewisserung, dass sich unsere seit Jahren aufbauende menschliche Beziehungswelt - akademisch-fachwissenschaftlich-forscherisch wie vor allem auch menschlich nicht stören, geschweige zerstören lässt. Ich leide darunter, dass bei der jetzigen totalen Isolation Russlands durch den Westen in Politik und in allen Medien aufgrund des Krieges in der Ukraine so wertvolle, konstruktive, friedliebende Kollegen und Studenten wie Sie und Ihr, die Ihr teilweise auch mit Ukrainern verwandt seid, mit erfasst sind.

Ich bin mir bewusst, wie sehr Eure persönliche Freundschaft in erster Linie, aber auch die öffentlichen Würdigungen unserer Zusammenarbeit (durch etwa Ehrenprofessur, Ehrendoktorate, Ehrenmitgliedschaft des Verbandes ärztlicher und psychologischer Psychotherapeuten für mich) mich auch dazu verpflichten, hier in meinem Umfeld für eine sorgfältige Differenzierung Sorge zu tragen.

Es gibt „die“ Russen ebenso wenig wie „die“ Deutschen.

Meine in Eurer Sprache übersetzten Bücher, von Euch bearbeitet, mögen auch meine Für-Sorge für Euch abstrahlen.  

Ich weiß um Eurer aller Liebe zum Frieden und zum Menschen, gleich wo uns diese Menschen begegnen. Schon unsere Helferberufe positionieren uns als „Botschafter für das friedliche Miteinander“.

Wir haben alle bisherigen Krisen der Corona-Zeit miteinander durchstanden. Wir werden auch die Zeit des Unfriedens in Europa durchstehen zu neuem Frieden!

Andere Kollegen von mir hier arbeiten mit langjährigen Projekten in der Ukraine, über die meine Zeitschrift immer wieder berichtete ebenso wie über meine Arbeit mit Euch. Von daher fühlt Euch auch verstanden in der Botschaft von Bertolt Brecht:

Das Schicksal des Menschen ist der Mensch. Ich füge hinzu: Destruktiv wie konstruktiv. Und ich weiß uns alle in unseren Kreisen konstruktiv!

In diesem Sinne schreibe und rede ich über Euch und unsere Arbeit in diesen Tagen wo ich kann – und freue mich auf die Zeit der Wiederbegegnung!

Euer Hans-Helmut Decker-Voigt