Kein schoener Land…

Kein Druckfehler. Schoener ist der Name des Hamburger Professors und Orgelvirtuosen Christoph Schoener, der am Samstag die Reihe der Sommerkonzerte in St. Marien eröffnete.

Dies ist keinerlei Konzertkritik.

Vielmehr will ich zum festlichen Gefühl beitragen, dass – jedenfalls derzeit – der Lockdown down ist. Vieles wieder geht und spielt und tanzt. Wenn nicht äußerlich beobachtbar, so doch innerlich fühlbar Und von daher könnte für das Orgelkonzert gelten, dass wir kein schoener Land für den Neustart unseres Kulturbetriebs hätten betreten können als eben jenes mit Professor Schoener.

Was gerade alles spielt:

Frau Böhms Kino, Literaturlesung mit „Monschau“ der Werner-Bergengruen-Gesellschaft, Lipinsky an den Wänden von Schamuhns Kreativem Speicher, unserem Neuen Schauspielhäuschen. Andere Künstler auf dessen Kleinkunstbühnenbrettern. Es öffnet wieder Ebstorfs Kulturbühne sowie Bostelwiebecks Theater. Und Schoener schlägt die Tasten und tritt Pedale…Sie spielen wieder. Und unsere Seelen spielen mit.   

Es war knapp:

Verbiete, untersage etwas – und gerade dieses wird schmerzlicher vermisst als vor dem Verbot. Je länger je mehr. Seit den Nachkriegsjahren haben wir nicht mehr derart Hungergefühle nach Konzerten, Kunstausstellungen, Kino und Theater in uns metastasieren gefühlt, wie in den letzten 10 Monaten der Pandemie.

Ein ungebremster Wasserzufluss hinter einem Staudamm gefährdet mit dem drohenden Bruch alles vor ihm. Jetzt – zur rechten Zeit – geht der Lockdown downstairs und wir bilden Schlangen, um den langsam sinkenden Wasserpegel zu erleben und die Angst zu verringern, dass der Druck sich weiter erhöht. Wenn es noch lange gedauert hätte - ohne Kulturschaffende auf Bühnen, Emporen, Wiesen, Leinwänden - dann würden wir reagieren wie alle Tiere: Fight or flight.

Menschen im feststeckenden Fahrstuhl oder entführten Flugzeug fighten auf Dauer dann untereinander. Auf Dauer im kulturellen Lockdown ersticken in digitaler Ersatzwelt.

Zurück in St. Marien: „Ich bin kein Hochstapler“, moderierte sich Christoph Schoener in St. Marien selbst an. „Sonst würde ich sagen, dass Carl Philipp Emanuel Bach mein Vorvorvorvor (usw.)-Gänger war.“

Wieso? An der Orgel am Hamburger Michel war er es doch, C. P. E. Bachs Nachfolger. Nur, dass Prof. Schoener nicht so komponierte wie sein Tasten-Vorfahre am Michel. Ich hör schon auf. Dies ist keine Konzertkritik.

06. Juli 2021