Ade –  Plakatgesichter

„Hängt sie auf“ – das war ein kurzes Drama, bei dem politische Mitbewerber der Grünen vor der Wahl sich daneben benahmen.

Jetzt sind (fast) alle Plakatkonterfeis, die aufgehängt waren, abgehängt.

Im Dorfzentrum bei uns hing nur das Porträt einer (kommunalen) Dame am Laternenpfahl. In der Samtgemeinde schon deutlich mehr und zerstreuter. In Uelzen noch mehr und noch größer. Ich kam kaum zum Fahren vor Gucken.

Von manchen Gesichtern nehme ich ungern Abschied, weil sie einen anstrahlten. Wiederum um andere ist`s mir nicht schade, weil der Anblick von ihnen bzw. ihr Blick auf mich das Leid der Welt vermehrt.

Da ist bzw. hing Herr Mende und wirkte auf mich wie die Güte in Person, was für das Überleben in der großen Politik gar nicht nur gut ist. Dann Herr Scholz, dessen Schädelform mich an Abbilder von Napoleon erinnert. Nur dass Letzterer nicht annähernd die prinzipielle Freundlichkeit und die noch prinzipiellere hanseatische Höflichkeit blicken ließ. Weiter: Frau Baerbock. Ihr Blick erinnerte mich an die Schülerin einer letzten Schulklasse oder an die erste Reihe im Hörsaal eines ersten Semesters – gute Zensuren selbstverständlich voraussetzend.

Herr Otte. Solch Gesicht wünschen sich manche für ihren Papa. Oder dessen Bruder, also als Onkel. Ebenso älter wie verlässlich. Laschet. Herr Laschet meine ich. Der will auch am liebsten immer gütig lächeln. Aber das hält keiner durch.

Herr Jordan. Im alten Kirchengemeindebüro in Celle wurden zwei Aktenregale durch ein  Bild von Jesus unterbrochen, der wie Herr Jordan aussah. Bzw. umgekehrt. Auch Mittelscheitel und Lockiges zu beiden Seiten und dies Lachen. Herr Jordan jedoch lächelt jugendlich, nicht so ernst wie das Bild zwischen den Regalen. Gegenteilig Herr Lindner. Alle Wetter, der blickt nach nahen Zielen zum Anstreben und strebt ohne Wenn und Aber. Deshalb blickt er auch ohne großes Lächeln oder Gütiges.

War da überhaupt ein Bild neben den Wörtern, die die Nacht lieben, aber sich für sichere Nachhausewege in den verunsicherten Städten einsetzen?

Taghell wieder das große Plakat einer mitteljungen und mittelblonden Dame, die sich einsetzt für – nein Irrtum. Die will gar nicht in die Politik. Wenngleich auch sie wirbt. Für Parship.

Im Liederbuch „Kilometerstein“ gibt es dies Lied vom Volk, das seinen Fürsten ehrt. „O hängt ihn auf, o hängt ihn auf, o hängt ihn auf – - den Kranz voll Lorbeeren!“ Die haben unsere Gewählten und Nichtgewählten irgendwie alle verdient, Lorbeeren. Weil sie sich derart plakativ für die Öffentlichkeit präsentierten, dass der Wähler alles in ihre Gesichter hineinsehen kann. Jeder, was er oder sie will.

05. Oktober 2021