Die Erfindung des Friedens

Blau eingebunden ist das Büchlein. In mancher Symbollehre ist Blau die Farbe der „Ruhe durch Distanz“. „Die Erfindung des Friedens“ ist ein kleines Büchlein des britischen Historikers Michael Howard betitelt. Es ist etwas über 100 Seiten schlank und wurde mir jetzt extrem wichtig, um die Zeit des aktuellen Krieges in unserer europäischen Nachbarschaft mit erdweiten Folgen mehr verstehen zu können. Und die des Krieges, an dessen Ende ich geboren wurde. Und der Kriege davor.

Ich verstehe jetzt mehr von Kriegen überhaupt.

Howard wird folgender Satz gleich auf dem Klappentext zugeschrieben:

„Krieg ist so alt wie die Menschheit, aber der Frieden ist eine moderne Erfindung.“ Howard selbst wusste genauer, von wem der Satz stammt: Von dem Juristen Sir Henry Maine, Mitte 19. Jahrhundert.

Howard wurde 1922 geboren, schrieb also nichts auf Putin und die heutige Welt Bezogenes. Aber sein Denken lässt auch diesen Krieg verstehen. Und die kommenden. Aus (etwas) mehr „Ruhe der Distanz“.

Es gibt eben so Bücher, deren Inhalt überzeitliche Funktion erhalten, wie z.B. die Bibel. In deren Namen auch schon mehr Kriege geführt wurden als die Bibel Autoren hat.

Kriege entstanden, weil jemand oder ein Land mehr Land haben wollte. Und damit Brot. Oder Rohstoffe. Oder Macht. Oder eine Frau. Oder Ablenkung von den eigenen politischen Schweinereien im Inland. Oder durch narzisstische Kränkbarkeit.

Krieg durch Wissenschaftler? Aber ja. Francis Bacon schreibt Ende des 16. Jh.: Durch die Unruhe und den Aufruhr im Staat, wenn es „mehr Gelehrte als dafür vorgesehene Ämter gibt“, gibt es ihn auch. Krieg.

Die Kapitel des „erfundenen Friedens“ sind unterteilt in Kriege, die von Priestern und Fürsten geführt wurden (800 bis 1789), von Völkern und Nationen (1789 bis 1918), von Idealisten und Ideologen (1919 bis 1989), von Tomahawks und Kalaschnikows (Anno Domini 2000).

Und der unerwarteste Krieg aller Zeiten, der heutige? Wie kam er zustande?

Howard lädt zu eigenen Analysen ein. Sie ändern am Elend dieses Krieges nichts. Wohl aber an dem Friedenszustand, den wir mit einem Marshall-Plan für die Ukraine erneut anzustreben haben. Wohl wissend, dass es den ewigen Frieden solange nicht geben wird, wie Menschen diese Erde bevölkern.

19. Juli 2022