Allgemeine Zeitung der Lüneburger Heide, 20. Oktober 2007

 

Heilung durch Musik

Studienprogramm und Austausch mit Russland ab 2008 auch in Ebstorf

 

 

Von Marc Rath

Ebstorf/Hamburg. Was im Großen etwa bei den Petersburger Gesprächen vorausgedacht wird, setzt sich im Kleinen bis nach Ebstorf fort. Die deutschrussischen Beziehungen werden jetzt um eine Facette reicher: Heilung durch Musik. Diese Form der Musiktherapie hat der Allenbosteler Professor Dr. Hans-Helmut Decker-Voigt auch im russischen Orenburg populär gemacht. Die Übersetzung von Fachliteratur und eine Gastprofessur führen jetzt zu einer engeren Zusammenarbeit mit zwei Hochschulen der Millionenstadt an der Grenze zu Kasachstan. Die Verträge dazu sind unterzeichnet worden. Und deren Auswirkungen führen von Orenburg über Hamburg und Lüneburg auch nach Ebstorf.


30 Studenten der Rostropovitch-Hochschule aus Orenburg sollen künftig am Institut für Musiktherapie der Hamburger Hochschule für Musik und Theater Gastsemester absolvieren. Zudem ist ein fachlicher Austausch unter den Lehrkräften geplant. Institutsleiter Decker-Voigt knüpft dabei zugleich weitere Kontakte in die hiesige Region. Eine Filiale des Standortes soll im nächsten Jahr an der Klinik Gut Wienebüttel aufgebaut werden. Dort wird als Aus- und Weiterbildungsstätte das Deutsche Präventions- und Pflegezentrum für neurologische Erkrankungen entstehen. Deren Studienprogramm Rezeptive Musiktherapie bekommt eine Heimat im Ebstorfer Dental-Park von Prof. Norbert Schmedtmann.Decker-Voigt mit russischen Kollegen
Als in der vergangenen Woche dafür der Grundstein mit der Unterzeichnung der Verträge für einen gemeinsamen Weiterbildungsstudiengang gelegt wurde, war Ebstorf der Ausgangspunkt. Hier empfingen Decker-Voigt und Prof. Dr. Janos Winkler, einer seiner Partner des künftigen Zentrums in Lüneburg, den Rektor der Rostropowitsch-Hochschule Orenburg, Prof. Dr. Boris Khavtorin, und den Direktor des Psychotherapeutischen Zentrums Orenburg, Prof. Dr. Sergej Babin, nach ihrer Ankunft in Deutschland. Übersetzerin war an diesem Abend Tatjana Resnitzkaja. Die Dozentin aus Orenburg ist ein ganz wichtiges Bindeglied in der Beziehung beider Hochschulen. Sie knüpfte vor zwei Jahren bei einem Gastaufenthalt an dem Hamburger Institut die ersten Kontakte.
Resnitzkaja wird künftig die Koordination des Austausches übernehmen.
In Russland war man auf die Musiktherapie durch zwei übersetzte Bücher des in Allenbostel lebenden Hochschullehrers aufmerksam geworden. Musiktherapie ist dort ein junges und unbekanntes Fach. "Wir sind Pioniere", sagt Rektor Khavtorin, an dessen Hochschule 700 Studenten in zwölf Studiengängen unterrichtet werden. Der Direktor des Hamburger Instituts für Musiktherapie ist dabei ein entscheidendes Scharnier. So wurde Decker-Voigt bei seinem Aufenthalt im Frühjahr eine besondere Ehre zuteil: Die vor zehn Jahren gegründete Hochschule verlieh dem Allenbosteler und dem berühmten russischen Cellisten und Dirigenten Mstislav Rostropovich den Titel "Professor honoris causa". Der Namensgeber der Hochschule bekam diese Auszeichnung anlässlich seines 80. Geburtstags, wenige Wochen vor seinem Tod.
Die Tinte unter den Kooperationsverträgen ist nun getrocknet. Und es geht im rasanten Tempo weiter. Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) will die Schirmherrschaft über das Projekt übernehmen. Am 20. November ist das Abschlussgespräch geplant. Die ersten sechs Studenten aus Orenburg erwartet Decker-Voigt bereits für 2008 im Flecken.